Lotus Esprit – 80er mit Stil
“80s/90s-Kids will remember” heißt es im Internet immer. Egal ob alte TV-Serien, große Nokia-Knochen, Modemgeräusche etc., stets packen wir Dinge aus, die die heutigen Erwachsenen in ihrer Kindheit geprägt haben.
Mich persönlich haben als Kind in Sachen Autos zwei Dinge geprägt. Da war einerseits der weiße Lotus Esprit aus James Bond, der auch als U-Boot abtauchen konnte sowie die Amiga Spielreihe “Lotus Esprit Turbo Challenge”.
Mit letzterem habe ich mit meinem besten Freund etliche Stunden vor dem Amiga verbracht und wir drehten unzählige Runden mit dem Lotus in der unnachahmlichen Keilform. Schon damals stand für uns Kinder fest: Der Esprit ist ein Traumwagen.
Gut, das war damals in den 90ern, aber nachdem ich kürzlich die Gelegenheit hatte, ein tolles Exemplar der X180 Baureihe vor die Kamera zu kriegen – eines von nur 252 Vergaser Turbo Modellen – war die frühere Begeisterung sofort wieder zurück, als wäre sie nie weg gewesen.
Das von Peter Stevens gestaltete Modell setzt hier die ursprüngliche Linie von Giugiaro fort ohne zu stark von den Wurzeln abzuweichen. “Konsequente Weiterentwicklung” oder “Evolutionäres Facelift” würde man es neumodisch nennen.
Sportwagen der 80er und 90er hatten ein einfaches Rezept: Kein Hybridantrieb und kein Laserlicht, sondern einfach nur einen starken Motor vorne oder im Heck und eine flache, schnittige Form.
Die obligatorischen Klappscheinwerfer durften nicht fehlen, denn wie alle 80s/90s-Kids wissen, bedeutete Klappscheinwerfer = schnell. Kurz und simpel.
Den Esprit schnell zu nennen, ist auch nicht übertrieben. Die Briten quetschen hier mit Vergasertechnik und Turbolader ganze 220 PS und 298 Nm aus dem 2,2L Vierzylinder.
Für 1988 eine beachtliche Leistung, die dafür sorgt, dass das 1268kg Leichtgewicht den Spurt auf 100 in gerade mal 5,3 Sekunden schafft. Das kann sich immer noch mit heutigen Sportlern messen.
Doch den Fan eines Lotus Esprit begeistert vor allem das geringe Gewicht. Ein Rahmen mit aufgesetzter Kunststoffkarosserie drückt die Kilos richtig weit herunter und ein Schwerpunkt eines Fahrzeugs kann kaum tiefer liegen als es beim Esprit der Fall ist.
Wer hier über fehlende Sicherheit in Form von Airbags und ESP klagt, gehört ohnehin nicht hinter das Steuer eines solchen Sportwagens.
Wer im Übrigen genauer hinschaut, findet die vielen kleinen Details, die den Briten etwas schrullig und gleichzeitig auch liebenswert machen: Seien es die vom AE86 geliehenen Rücklichter, die beiden Tanks mit komplexer Rohrführung, das einfache, aber starke Triebwerk und das laute Zischen des Blow-off-Ventils. An allen Ecken und Enden gibt es in dieser Ikone der 80er Jahre etwas Charmantes zu entdecken.
Schade nur, dass es nie allzu viele Exemplare des Esprit auf die Straße geschafft haben. Der Lotus blieb stets ein Exot und war bis zur seinem Produktionsende im Jahre 2004 auch noch mit einem V8 unterwegs. Dieser katapultierte das Chassis noch vehementer nach vorn und machte den Sportwagen zu einer Art Lenkrakete.
Flotte Passstraßen sind eher das Revier des Esprit und nicht die Autobahn. Man will Kurven schneiden, das Auto mit dem Heck anschieben lassen und mit der Pedalerie arbeiten wie es früher üblich war. Ganz ohne elektronische Helferlein.
Lotus wäre gut beraten den Esprit wiederauflebenzulassen. Da aber heute eher Stückzahlen, die finanzielle Gesundheit des Konzern, das nächste Fiskaljahr und der Shareholder Value im Vordergrund stehen, werden die Fans der Marke zunächst wohl einen SUV verpasst bekommen, statt eines neuen Sportwagens.
Damit bleibt der Esprit weiterhin ein legendärer Sportler, der keine moderne Fortsetzung oder neudeutsches “Revival” erhält. Vielleicht ist das aber auch gut so. Ikonen und schöne Erinnerungen sollten vielleicht auch nicht angerührt werden und uns so im Gedächtnis verbleiben wie sie am schönsten waren oder auch sind. Auch im hohen Alter. Zeitlos schön eben. 80s/90s-Kids will appreciate that.
Robert Kwiecien – USED4.net